Niederembt
gehört mit ca. 1400 Einwohnern zur Stadt Elsdorf.
Sie wurde im Jahr 1975 im Zuge der Gebietsreform im Land Nordrhein-Westfalen
gebildet und als Rechtsnachfolgerin der bis dahin selbständigen Gemeinden
Angelsdorf, Elsdorf, Esch, Heppendorf, Niederembt und Oberembt.
Im Januar 2011 erhielt Elsdorf Stadtrechte, so dass Niederembt seit dem 1. Januar 2011 als "Stadtbezirk Niederembt" geführt wird.
Die Wurzeln von Niederembt reichen weit zurück in die Jungsteinzeit bis etwa vor 5000
Jahren. Auch die Römer und danach die Franken haben hier viele Spuren hinterlassen.
In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden im Frankeshoven (gehört
zu Niederembt) 30 Gräber von damals entdeckt. Der Patron der Niederembter
Kirche ist der Heilige Martin.
Niederembt von Heinrich Schläger:
(Quelle: Festschrift zum 500 jährigen Bestehen der Schützenbruderschaft
St. Sebastianus Niederembt aus dem Jahre 2002)
Das östliche der beiden "Embedörfer" am Finkelbach ist bachabwärts gelegen
und leitet hieraus seinen heutigen Namen Niederembt. Es gehört der weiten
fruchtbaren Lößzone an, die als Altsiedellandschaft den nordwestlichen
Teil des Bergheimer Kreisgebietes einnimmt.
Schon sein urtümlicher Name Embe, dem das Stammwort einer keltischen Bachbezeichnung
"arnb" zugrunde liegt, deutet auf sein hohes Alter.
Bezeugt wird die früheste Besiedlung innerhalb der Dorfeinheit Niederembt
zugehörigen Gemarkung bereits in vorgeschichtlicher Zeit durch sporadische
Hinterlassenschaften von jungstein- zeitlichen Menschen des 4. bis 3.
vorchristlichen Jahrtausends.
Für die weit später vom 2.-4. Jahrhundert nach Christus hier durch die
Römer geformte Einzelhoflandschaft sprechen die Fundamentreste verstreuter
Gutshöfe.
Die Römer ablösenden, in Gehöftgruppen als den Vorläufern unserer
heutigen Ältestdörfer siedelnden Franken sind allenthalben nur durch deren
Gräber zu ermitteln. Ein solches Gräberfeld ist bei dem zu Niederembt
gehörenden Teil von Frankeshoven zutage gekommen.
In diese fränkische Zeit weist auch der für deren Gotteshäuser besonders
begehrte Patron S. Martinus der Altpfarre Niederembt. Gegen Ende des 11.
Jahrhunderts setzen dann auch die Schrifturkunden des Dorfes ein, deren
früheste bereits die Kirche und deren Seelsorger bezeugt.
In der Folge fließen die Quellen immer reichlicher und weisen namentlich
Niederembts Sondergeltung als Mittelpunkt eines bedeutenden Kirchspieles
aus.
Zum Ausgang des 11. Jahrhunderts begegnet uns ebenfalls das bachaufwärts
in einigem Abstand von Niederembt gelegene Richardshoven als altfreier
Besitz, das damit zu den ältesten bezeugten Höfen des gesamten Kreisgebietes
gehört.
Zwei Jahrhunderte später erscheinen erstmals Herren zu Verckeshoven, ein
heute mit Niederembt zusammengewachsener Dorfteil, als Inhaber eines gleichnamigen
Gerichtes Verckeshoven, dem jedoch Niederembt selber niemals zugehörte.
Dessen Name leitet sich von einem ursprünglichen Hofder von Vercken her,
einem bereits im Erstdrittel des 12. Jahrhunderts bezeugten adeligen Geschlecht.
Insgesamt machen die zahlreichen Schriftquellen die Entwicklungskräfte
sichtbar, die im geschichtlich faßbaren Zeitablauf Niederembt bis zum Ausgang
des 18. Jahrhunderts seine Eigengeltung innerhalb der größeren kulturräumlichen
Landschaftseinheit gaben und fortwirkend dessen dörfliche Substanz geformt
haben.
Das Dorf am Bach
In seiner für die frühen Dorfsiedlungen
typischen Anlage ist Niederembt an dem flacheren, jedoch hochwasserfreien
südlichen Hang des Finkelbaches gelegen. Dessen steilerer Nordhang blieb
auch bisher völlig siedlungsfrei. Hier reichen die Äcker noch immer bis
an die Hangkante heran. Die zwischen den Hängen gelegene breite Talsohle
gehörte bis zu den Bachregulierungen jüngster Zeit zu den periodischen
Überschwemmungsgebieten und war daher seit je siedlungsfeindlich.
Der ganze Talgrund blieb Bruchgelände, 1420 ausdrücklich als "Embebroech"
bezeichnet, war den Gänsen vorbehalten und durfte nur nach strenger Weisung
durch Großvieh beweidet werden. Der Bachlauf selber ist in seiner ganzen
Länge durch tiefgreifende tektonische Störungen als Querbruch der großen
RurErftscholle vorgezeichnet, wobei die Bruchschollen ungleichmäßig ab
sanken und damit den heutigen nördlichen Steilhang gegenüber dem südlichen
Gleithang bildeten.
Gelegentlich anzutreffende Talleisten deuten darauf hin, daß es sich um
kleinere Staffelbrüche handelt, während die Bevölkerung vielfach irrtümlich
annimmt, daß sie als Folge wechselnder Wasserhöhe eines ehedem hier vorhandenen
Flusses entstanden sind. Der Bach selber war noch bis nach der letzten
Jahrhundertwende ständig reichlich wasserführend. Hierfür sorgten die
damals noch regelmäßig sprudelnden, jetzt verschütteten Quellen bei seinem
Oberlauf.
Ebenfalls führte ihm hier der Licherbach stets größere Wassermengen aus
dem Bürgewald zu. In der Frühzeit nahm er zudem oberhalb Bettenhoven einen
weiteren Bachlauf auf, der in einer noch erkennbaren Senke von Ameln kommend
bei Rödingen in den Finkelbach mündete.
Dabei bleibt anzumerken, daß auch Ameln seinen Namen von dem gleichen
keltischen Wortstamm "arnb" (Wasserlauf) herleitet wie Niederembt. Bei
Starkregen nimmt der Bach noch heute das von dem höher gelegenen Mersch
in einem Graben zugeleitete Wasser auf. Schon dieses ausgedehnte Einzugsgebiet
macht es verständlich, daß die Talniederung des Baches in rückliegenden
Zeiten stark versumpft war, so daß hier im flachen Untergrund sogar Torfbildungen
angetroffen werden. Mit diesem steten, leicht erreichbaren Wasservorrat
als Voraussetzung hausnaher Weiden inmitten leicht beste 11 barer Acker
wurde der Bach zu einem Band früher dörflicher Gruppensiedlungen. denen
auch Niederembt zugehört.
Er trieb ehedem Wassermühlen in Oberembt, Richardshoven, Niederembt und
Kirdorf. Die Niederembter Mühle ist 1232 als zum Apostelhof gehörend erstmals
genannt und erscheint ab Mitte des 17. Jahrhunderts nicht mehr; die Oberembter
Mühle ist 1225 im Besitz der Abtei S. Pantaleon und war noch zu Beginn
unseres Jahrhunderts als Wassermühle, später als Dampfmühle erhalten;
die Mühle bei Richardshoven wurde 1878 niedergelegt; die Kirdorfer Mühle.
deren Restgebäude erst in den letzten Jahren untergingen, gehörte zum
dortigen Hof des Reichsstiftes Essen.
Spuren früher Siedler
In der gegenwärtig 736 Hektar großen
Niederembter Gemarkung treffen wir als erste Siedelspuren, in den Äckern
gestreut, die Hinterlassenschaft von Menschen der Jungsteinzeit des 4.
und 3. vorchristlichen Jahrtausends, die den ersten Ackerbauern im Kreisgebiet
zugehören.
Es handelt sich dabei um aufgelesene Seilklingen, Schaber und Messer aus
Felsgestein oder Feuerstein, die namentlich in den Ackerzonen beidseits
des Bachtales zwischen Niederembt und Frankeshoven aufgelesen wurden.
Ein langes Sippenhaus aus gleicher Zeit konnte unlängst dicht südwestlich
der Kreisgrenze auf dem Bachhang bei Bettenhoven im Grundriß freigelegt
werden, von dem aus die Bewohner wechselnd kleine Acker bestellten und
Weidevieh hüteten. Spuren solcher Bauten sind allgemein außerordentlich
selten.
Das ihrer Kulturlandschaft eigene Gesicht mit geplanter Einzelhofsiedlung
gaben vom 1. bis Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. Geb. die römischen Herren
auch der Niederembter Gemarkung. Aus dieser Zeit sind uns hier im Boden
verborgene, aber bei tiefem Pflügen gelegentlich unliebsame Reste großer
römischer Gutshöfe bei Richardshoven sowie nördlich Niederembt an der
Hochstraße und Bach abwärts südlich des Glescher Weges auf dem sog. Steenbickel
erhalten.
Erst vor wenigen Jahren wurden auf dem nördlichen Hang gegenüber der alten
Ortslage Niederembt mehrere römische Gräber angetroffen, die zu einem
etwas oberhalb gelegenen Gutshof gehört haben. Zwischen diesen römischen
Einzelhöfen wohnten Reste der alteinheimischen Bevölkerung in bescheidenen
Hüttengruppen.
Von diesen- sind allenthalben Spuren kaum mehr feststellbar und auch
für Niederembt wohl nicht zu erwarten. Ebenso blieben von den die Römer
ablösenden Franken, deren dörfliche Gruppen bauten als echte Vorläufer
heutiger Ältestdörfer anzusprechen sind, nur selten Spuren ihrer Siedlungen
erhalten. Sie sind mit ihrem anfälligen Lehmfachwerk längst unter den
späteren dörflichen Ausbauten untergegangen.
So können wir die fränkische Besiedlung unmittelbar nur durch die Gräber
ermitteln, da die Toten unverbrannt bestattet und ihnen Beigaben mitgegeben
wurden, die die Zeitstellung ausweisen. Jedoch wurden in der
Niederembter Gemarkung nördlich oberhalb Frankeshoven in den achtziger
Jahren beim Mergelstechen etwa 30 fränkische Gräber in einer Tiefe von
1.30-1.70 Meter angetroffen.
Die zahlreichen Beigaben - Waffen, Schmuck und Hausgerät - verweisen
diese Gräber in die Zeit des 6./7. Jahrhunderts. Sie liefern einen sicheren
Beweis für den fränkischen Ursprung des heutigen kleinen Weilers Frankeshoven,
der urkundlich erstmals 1144 als Frandkenhove unter Erwerbungen des zu
gleicher Zeit auch im benachbarten Oberembt begüterten Klosters Königsdorf
genannt ist.
Im Lichte der ersten Urkunden
Mag uns auch der Ortsname Niederembt
als "Embainferior" erst in einer Urkunde des Jahres 1081 entgegentreten,
so setzt deren Inhalt mit Nennung der Kirche und der Zehntabgaben einen
weit älteren Zustand voraus, da beide, Kirche wie Zehntabgabe, bereits
feste kirchliche Organisationsformen eines bäuerlichen Bezirks ausweisen.
Am 28. Juli 1081 überweist nämlich der Kölner Erzbischof Sigewin der Kölner
Abtei S. Pantaleon au Bitte des Abtes und der zu seinem Rat berufenen
Prälaten und Großen die Zehnten der Kirche zu Niederembt (Emba vid. inferiorem),
die der Abtei gehört, mit Ausnahme einer ganzen Hufe und Der im Jahre
1512 errichtete mächtige Kirchturm der im alten Dorfkern gelegenen Pfarrkirche
S. Martinus kündet weithin sichtbar von der ehemaligen Sondergeltung,
die Niederembt als Mittelpunkt eines bedeutenden alten Kirchspieles zukam,
des Zehnten von 9 Hufen, die zum Unterhalt des Seelsorgers dienen. (Die
alte kölnische Hufe maß etwa 60 Morgen, der Zehnt war die übliche Naturalabgabe).
In diese nur mehr in Abschrift des 15. Jahrhunderts vorhandenen Beurkundung
ist wahrscheinlich zur Unterscheidung vom benachbarten Oberembt, in dem
die Kölner Abtei um 1160 als Eigner des Fronhofes Grundherr wurde, der
besondere Hinweis auf Niederembt mit "vid. inferiorem" (nämlich Nieder)
nachträglich aufgenommen worden.
Die Schreibweise Emba statt des fortab geläufigen Embe kann von einem
Lesefehler herrühren, denn bereits 1123 findet sich für Oberembt der weiterhin
übliche Name Embe. Wann und wie die mit reichern Zehnten des Niederembter
Pfarrsprengels ausgestattete Kirche an die Kölner Abtei S. Pantaleon gekommen
ist, wird nicht überliefert.
Erzbischof Bruno legte im Jahre 964 den Grundstein zum Bau einer größeren
Kölner Niederlassung des Benediktinerordens. Der Erzbischof war der jüngere
Bruder Ottos I, so daß auf eine Schenkung aus ehemaligem königlichem Fiskalbesitz
im Gebiet des Finkelbaches geschlossen werden kann.
Über die Art der Niederembter Erstkirche bleiben wir ebenfalls im Dunkel.
Da ein benachbarter Hof, zu der sie ursprünglich als Hofkapelle gehört
haben kann, in Nähe der Kirche nirgends erweislich ist, mag ihr Ursprung
eine der in fränkischer Zeit häufiger anzutreffenden, fernab der Hauptkirche
auf dem Lande errichteten Taufkapellen gewesen sein.
In diese Zeit deutet namentlich auch das Patrozinium des hl. Martinus,
einer der volkstümlichsten und meistgefeierten Heiligen des fränkischen
Reiches. Eine erweiterte Bestätigung dieser Niederembter Ersturkunde mit
Neuverteilung der Pfarreinkünfte erfolgt 1246 durch ErzbischofConrad von
Hochstaden. Dieser weist am 13. Juni des genannten Jahres auf Bitte des
Abtes Herimann und des Konvents der Abtei S. Pantaleon, die durch Krieg
große Verluste erlitten hatte, u. a. die Einkünfte der Kirche in Embe,
deren Patronat dem Abte zusteht, der Abtei für deren Armenhospital zu.
Hierbei bestimmt der Erzbischof, daß die Kirche ständig durch den bei
ihr wohnenden Pfarrer und nicht mehr durch Stellvertreter bedient wird.
Er verleiht daher der Abtei die Einkünfte, die bisher die abwesenden Pfarrer
bezogen, namentlich die Zehnten. Die künftigen Pfarrer erhalten die Opfergaben
und Hauszinsen. Diesen fügt er die Einkünfte von 50 Morgen Land und einigen
Hausstätten zu. Als Inhaber des Kirchenpatronates und des Kirchenzehnten
ist die Kölner Abtei Kirch- und Grundherr des gesamten Niederembter Kirchspieles,
in dem sie als Eignerin des Oberembter Fronhofes dort seit 1100 die Grundherrschaft
hatte.
Zu diesem Kirchspiel gehörten bis zur Neueinteilung der kirchlichen Verwaltungsbezirke
in französischer Zeit außer Niederembt selber noch Verckeshoven, Haus
Richardshoven, das westliche Frankeshoven, Tollhausen und bis zu dessen
Pfarrerhebung vor 1582 noch Oberembt, dessen Kirche zwar alle Sakramente
und Begräbnisrecht besaß, sowie schließlich bis 1734 das Patronatsrecht
über die Kapelle in Lich.
Der in Lich diensttuende Geistliche war zugleich Inhaber des Katharinenaltars
zu Niederembt. Im Jahre 1654 wird gefordert, daß er fortab als Lehrer
in Niederembt wohnen solle. Hier wird ihm eine Wohnung im Schulhaus auf
dem Kirchhofe zwischen Kirche und Beinhaus zugewiesen. Der Zehnt scheint
schon früh durch Pantaleon verpachtet gewesen zu sein. Er ist für 1225
für Niederembt selber mit 77 Malter Weizen angesetzt.
Ein Jahrhundert später beträgt er in Niederembt 118 Malter und in Lich
7 Malter Weizen, in Oberembt 15 Malter Weizen, 50 Malter Roggen, 50 Malter
Hafer und Hauszinsen. Dieser Zehnt ist später der noch erweiterte Niederembter
Scheurenzehnt.
Im Jahre 1660 wird hierfür ein neues Zehntregister im Beisein des Bergheimer
Vogtes autorisiert. Dies Neuaufstellung war notwendig, da dem Kloster
infolge Kriegswirren die Hälfte dieser Einnahmen verlorenging und sich
unter den Bewohnern das Bestreben zeigte, sich zugunsten des Landesherrn
der Zehntpflicht des Klosters zu entledigen.
Als wenige Jahre später der kurfürstliche Befehl erging, daß keine Fruchtabgaben
mehr nach Köln geschafft werden dürften, erhielt jedoch die Abtei S. Pantaleon
hierzu besondere Genehmigung. Die Zehntpflicht wurde 1798 durch die Franzosen
allgemein aufgehoben.
Im Jahre 1802 verlor schließlich die Abtei als Folge der Das um 1450 entstandene
Evangeliar und Kalendarium der Pfarrkirche Niederembt gehört als kunstvoll
ausgeführte Pergamenthandschrift zu den Klosterarbeiten jener Zeit.
Säkularisation entschädigungslos ihr gesamtes Grundeigentum, darunter
im Westen des heutigen Bergheimer Kreisgebietes ihren Hof zu Oberembt,
wo sie den Haupthof eines ganzen Hofesverbandes mit zahlreichen stattlichen
Außengütern in benachbarten Orten besaß, sowie die Höfe in Esch, Elsdorf
und Brockendorf mit deren Zubehör. Die Besitzungen wurden französisches,
Staatseigentum und von den Franzosen oder im späteren Ablauf als preußisches
Domanialgut verkauft.
Mit dem völligen Entzug der wirtschaftlichen Basis und der folgenden Auflösung
der alten kirchlichen Verwaltungsbezirke war dem kirchlichen Mittelpunkt
Niederembt die Grundlage entzogen. Es wurde zunächst eine der 1807 genannten
22 Sukkursalkirchen (Hilfspfarren) der Dekanatshauptkirche Bergheim und
erst 1827 in der neuorganisierten Erzdiözese Köln wieder als Pfarre dem
Dekanat Bergheim zugezählt. Aber unverändert zeugt der mächtige aus dem
Jahre 1512 stammende Westturm der Kirche als weithin sichtbares Merkzeichen
von deren Bedeutung für das alte Kirchspiel. Baulich bildet er ein wichtiges
Glied in der Gruppe niederrheinischer Westtürme, die in dieser Art bis
weit in die Maaslande verbreitet sind. Niederembter Höfe Innerhalb des
Altdorfes Niederembt, dem das westlich angrenzende Verckeshoven erst mit
Untergang des gleichnamigen Gerichtes in französischer Zeit zuwächst,
begegnet uns als frühgenannter Hof der Apostelhof, der seinen Namen von
dem Besitz des Kölner Stiftes S. Aposteln trägt.
Am 2. Juli 1272 verkauften Abt und Konvent des Klosters Knechtsteden,
da sie von Schulden bedrängt sind, dem Kapitel von S. Aposteln in Köln
ihren Hof zu Niederembt (Embe inferior) mit 150 Morgen Ackerland, einer
Rente von 10 Malter Roggen aus der dortigen Mühle sowie dem halben Fischteich
und Zinseinnahmen. Dem Abt von S. Pantaleon sind hiervon jährlich 9 Malter
und I. Sümmer (altkölnisches Getreidernaß) als Zehnt zu liefern. Die Verkäufer
verzichten auf die Güter vor den Honnen (mit der Führung der dörflichen
Angelegenheiten beauftragte Männer) und den dörflichen Lehnsleuten.
Die 1131 gegründete Abtei Knechtsteden ist vermutlich durch die von Hochstaden
an den Hof in Niederembt gekommen, die zu den Gönnern des Klosters zählten.
In dem Schutzbrief, den Kaiser Friedrich 1. diesem im Jahre 1151 ausstellt,
ist der Niederembter Besitz unter den darin aufgeführten 19 Gütern des
Klosters nicht enthalten. Das Apostelstift kann 1278 durch Zukauf von
16 Morgen freies Ackerland, die es von Kloster Bottenbroich erwirbt, seinen
Niederembter Besitz vergrößern. Der Hof wird stets als Pachtgut bewirtschaftet,
wobei der Pächter die Abgaben an S. Pantaleon und die Kirche zu leisten
hat.
Da Niederembt beim Verkauf der Burg und Grafschaft Hülchrath im Jahre
1314 mit anderen Dörfern des ehemaligen Kuzziggaues als nie wieder eingelöstes
Pfandobjekt bei Jülich verbleibt, fordert Herzog Wilhelm von Jülich von
dem Hofe Abgaben und Leistungen, stellt aber 1336 die Freiheit des Hofes
von allen Abgaben und Diensten auf Grund einer von Erzbischof Engelbert
und dem Abt von Knechtsteden besiegelten Beurkundung über die Dienstfreiheit
des Hofes wieder her.
Im Jahre 1661 ist er jedoch erneut
unter den Jülicher Diensthöfen (besondere Dienstleistungen) genannt. Wie
alles geistliche Eigentum wird er im Zuge der Säkularisation 1802 enteignet
und kommt anschließend durch Verkauf in bürgerliche Hand. Weiterer Klosterbesitz
in Niederembt war der am Westausgang des Dorfes gelegene ehemalige Ubbershof,
der dem Kloster Bottenbroich gehörte.
Der im 17. Jahrhundert einsetzende Niedergang des Klosters wirkte sich
auch auf den Hof aus, der zunehmend verfiel. Ebenfalls im Zuge der Säkularigation
durch die Franzosen enteignet, wurde er mit 146 Morgen Ackerland im Juli
1818 durch die preußische Regierung in Köln zum Verkauf gestellt und kam
damit in bürgerlichen Besitz. Die Gebäude wurden um 1830 niedergelegt.
Eine Sonderstellung unter den in Niederembt gelegenen Höfen nahm der Goltsteinhof
ein, nach dem um 1500 Heinrich von Goltstein sich Herr zu Niederembt nennt.
Der Hof war anschließend mehrere Generationen hindurch im Besitz dieses
Geschlechtes. Auf dem Jülicher Ritterzettel für 1610 ist vermerkt: Goltsteinhaus
zu Niederembt hat L. Simonius. Es war also ein landtagsfähiger Sitz. Als
solcher hatte es beschränkten Schutzanforderungen zu genügen und mußte
hierzu mindest ein turmbewehrtes Haus innerhalb eines Grabengevierts aufweisen.
Bei dem genannten Simonius handelt es sich um die Jülicher, 1604 geadelte
Ratsfamilie Simonis, die fortab den Namen Ritz von Simonis führt und 1605
das nördlich von Niederembt gelegene Haus Etgendorf innehat. Der Hof in
Niederembt führt fortab den noch heute geläufigen Namen Ritzenhof. Er
wird 1816 an den bürgerlichen Pächter verkauft.
Das Gericht Verckeshoven, das unmittelbar westlich vor Niederembt gelegene
und mit diesem längst zusammengewachsene Verckeshoven geht, wie der Name
ausweist, auf einen ehemaligen Hof des von dem Stammsitz Haus Vercken
bei Düren herkommenden Geschlechts zurück, das dort bereits 1131 erwähnt
ist, und dessen Angehörige ab 1220 unter den Jülicher Adeligen genannt
werden. Wann der Hof von ihnen abkommt, ist nicht bekannt. Mit ihm war
ein kleiner Gerichtsbezirk verbunden, von dem wir erstmals bei dem Verkauf
dieses Gerichtes Verckeshoven durch Johann von Greiffenstein an den Grafen
Gottfried v. Jülich, Herr zu Bergheim, im Jahre 1333 mit dem Rechte der
Wiederlöse durch den Verkäufer hören. Unter den Zeugen dieser Urkunde
nennt Johann von GreiftTenstein den Sievart von Renneburg und Johann von
Calmut seine Blutsverwandten. Das Gericht wird nicht wieder eingelöst,
und Graf Gottfried schlägt es seiner Herrschaft Bergheim zu. Offensichtlich
bleiben aber bei dem Verkauf dem Verkäufer einzelne vogteiliche Rechte
weiterhin vorbehalten, die er noch lange für die Jülicher Herren ausübt,
da sich 1407 Ruprecht von Greiffenstein mit Herzog Reinald von Jülich
über diese einigt. Das Gericht umfaßte damals außer Verckeshoven noch
Tollhausen und Rode bei Niederembt (wohl ein unbekannt untergegangener
Hof). Den Hof Verckeshoven, an dem das Vogteigericht hing, erwirbt 1420
Lambrecht Hundt zum Busch, der ihn 1445 an den Abt von Kornelimünster
verkauft.
Seither wind der Name "Abtshof' geläufig. Zu dem 145 Morgen großen Hof
erwirbt der Abt 30 Jahre später einen weiteren 95 Morgen großen Hof zu
Verckeshoven, das also damals ein aus mehreren Gehöften gebildeter Höfeweiler
war. Über die Gerichtsbarkeit liefert uns die Aufzeichnung des Hofgerichtes
Verckeshoven aus dem Jahre 1555 aufschlussreiche Einzelheiten. Hier ist
der Abt von Kornelimünster als Erbgrundherr und der Herzog von Jülich
als Gewaltherr und Inhaber der obersten Gerichtsbarkeit genannt. Es wird
nach Jülicher Landrecht erkannt. Die Lehnsleute geben das Ergebnis ihrer
Beratungen und die Appellation an das Hauptgericht Jülich. Für diese Tätigkeit
der Lehnsleute sind keine Mittel (der Jülicher Herren) vorhanden; sie
sind Lehnsleute des Abtes. Für sie siegelt Johann Leusch von Richardshoven,
da sie kein eigenes Siegel haben. Dem Gerichtsboten gibt der Abt jährlich
als Entgelt Kleidung, ebenso dem Diener.
Aus dieser für den Jülicher Dynasten gefertigten Erkundigung erfahren
wir, daß auch das bei der Einigung von 1407 nicht ausdrücklich genannte
Richardshoven ebenfalls zum Gericht Verckeshoven gehört. Sie bestätigt
einen Zustand, den wir bereits 1502 in einer unter Richardshoven angeführten
Urkunde vorfinden. Ein eigenes Gerichtssiegel für Verckeshoven ist aus
dem Jahre 1676 erhalten. Da dies in der Umschrift mit "RENOV" ausdrücklich
als erneuertes Siegel ausgewiesen ist, muß damals ein früheres Siegel
bereits verlorengegangen oder außer Gebrauch gekommen sein. Erst im Zuge
der Neuordnung der Verwaltung in den durch die Franzosen eroberten rheinischen
Provinzen geht das Gericht Verckeshoven unter, verfällt der Abtshof der
Säkularisation und kommt in bürgerlichen Besitz.
Der alte Höfeweiler Verckeshoven verwächst in der Folge mit Niederembt,
das zuvor zum Jülicher Gericht in der Lohe gehörte, das auf ein ehemaliges
Gericht im alten königlichen Kuzziggau zurückgeht, zu einer dörflichen
Einheit. Die Grenze beider Gerichtsbezirke verlief also quer durch das
heutige Niederembt, und heute ist der Name Verckeshoven kaum noch bekannt.
Jedoch ist die Straße in Frankeshoven als ehemalige Grenze der Gerichte
Verckeshoven und Oberembt noch immer die Grenze zwischen den Gemeinden
Niederembt und Oberembt.
Das ehemalige freiadelige Haus Richardshoven, heute ein stattlicher Gutshof
am Bachhang zwischen Niederembt und Frankeshoven, geht in seinem Ursprung
auf den Freien Richardus zurück. Dieser begegnet uns in einer Urkunde
des Kölner Erzbischofs Hermann III. aus dem Jahre 1099, in der der Erzbischof
bekundet, daß Aleidis nach dem Tode ihres Gatten, des Freien Richardus,
zugleich mit ihren Söhnen 2112 Hufen zu Embe, die ihr Gatte ihr als Heiratsgut
hinterlassen hatte, der hl. Maria und dem hl. Heribertus in der Abtei
Deutz übertragen habe. Die Zuweisung für Richardshoven ergibt sich aus
der Lage der geschenkten Güter, die mit der Ortsangabe "Embe" fixiert
ist. Diese Einnahmen aus Embe sind unter Abt Hermannus, dem 5. Abt der
im Jahre 1002 durch den damaligen kaiserlichen Kanzler Heribert gegründeten
Benediktinerabtei Deutz, aufgeführt.
Vom Jahre 1364 ab, in dem erstmals ein sich nach Richardshoven nennendes
Geschlecht urkundlich belegt ist, wechseln dessen meist adelige Inhaber
vielfach, bis 1756 der Abt von Kornelimünster, der bereits den benachbarten
Abtshof (Verckeshoven) besaß, Richardshoven erwirbt. Es wird 1802 säkularisiert
und 1824 durch die jetzige Besitzerfamilie von der preußischen Domänenkammer
erworben. Die Zugehörigkeit von Richardshoven zum Gericht Verckeshoven
und seine alte Verbundenheit mit der Kirche zu Niederembt macht eine Urkunde
vom 30. Mai 1502 besonders deutlich.
An diesem Tage stiftet Celis von Richardshoven, Witwe des Godart von Frankeshoven,
vor den Lehnsleuten zu Verckeshoven = Johan van me Luysch, Gerat Speide,
Diedrich Coyngen, Johann und Wilhelm Schademann testamentsweise eine Vikarie
auf den St. Sebastianusaltar zu Niederembt (Neder Emb), an dem wöchentlich
3 Messen gelesen werden sollen. Sie dotiert die Stiftung mit einem Haus
neben dem Kirchhof und einem dazu gehörenden Garten sowie einer Rente
von 15 Malter Roggen aus dem Hofe zu Richardshoven für den Vikar, ferner
für die Beleuchtung der Kirche zu Niederembt und für den Küster ebenfalls
je I Matter Roggen. Als Pfand stellt sie 30 Morgen Ackerland an einem
Stück zwischen Frankeshoven und Richardshoven, die in ihren Hof (Richardshoven)
gehören und die sie von ihren Eltern geerbt hat.
Das westlich von Niederembt abgesetzte, in der Bachniederung gelegene
Haus Richardshoven weist als ältest erhaltenen Baukörper den auf der Hofseite
dem Herrenhaus vorgeschobenen kräftigen Vierecksturrn mit laternenbekrönter
barocker Schweifhaube und der Jahreszahl 1667 aus. Das über der Haustüre
angebrachte Wappen des Abtes von Sickingen Ebernburg deutet auf den durch
diesen im Jahre 1756 getätigten Erwerb des adeligen Hofes für die Abtei
Komelimünster. Für die Lehnsleute von Verckeshoven, die kein eigenes Siegel
haben, siedelt mit der Ausstellerin der Junker (Jungherr) Johan van me
Luysch. Beide Siegel sind ab.
Diese Stiftung einer Sebastianus- Vikarie in der Niederembter Kirche durch
Caecilia von Richardshoven zur Seelenruhe ihres 1500 durch Johann von
Harff im Duell getöteten Sohnes Wilhelm ist hier aus dem besonderen Anlaß
der Herausgabe der vorliegenden Schrift ausführlicher herausgestellt.
Deutet doch der erkorene Heilige an, daß SI. Sebastianus damals bereits
in unserer Heimat besondere Verehrung fand, die in Niederembt mit dieser
Stiftung auch substantiell fundiert wurde. Dabei bleibt noch anzumerken,
daß die große silbervergoldete Niederembter Monstranz aus dem Jahre 1618
mit der Beigabe eines Figürchens des Heiligen neben dem Glaszylinder die
Erinnerung an diese Stiftung bis auf den heutigen Tag festhält, da für
die Beschaffung deren Pachteinnahmen aus den Jahren 1616 und 1617 herangezogen
wurden.
Den jüngsten Beweis für die Niederembter Sebastianus- Verehrung liefert
eine im Jahre 1923 beschaffte Glocke, deren Inschrift die Anrufung des
Heiligen für die toten Krieger des Weltkrieges bekundet.