Niederembt ein Dorf im Embegrund” von P. Daniels 1951
"Ein Ding kann noch so närrisch sein, es sei nur neu - so nimmt es der Pöbel an.”
Nach und nach erloschen die Lichter in den Häusern und alles legte sich
zur Ruhe. Der pflichtgetreue Nachtwächter trat darauf seinen Rundgang durch
die einsamen Straßen und Gassen des Ortes an. Jede Stunde blies er in sein
Horn, in das Meer der Ewigkeit.
Da schlugen mit einem Male die Hunde heftig an und weckten durch lautes
und anhaltendes Gebell die Bewohner aus dem ersten Schlaf. Diese erhoben
sich, um nach dem Rechten zu sehen. Bald gewahrten sie eine Anzahl Menschen,
Männlein und Weiblein, die näher kamen und laut betend vorüberzogen. Die
Leute beteten den Rosenkranz und nach jedem ..he Maria, das die Männer vorbeteten,
kam der Zusatz: "Heilige Schiffer bitt für uns". Heinrich Mohr 1842
Andächtig folgten die weiblichen Nachbeter mit dem "Heilige Maria, bitte für uns Sünder, jetzt und in der
Stunde unseres Todes Amen." Der heilige Schiffer? Für diesen neuen Heiligen,
zu dem so viele von nah und fern pilgerten, hatte man hier kein Verständnis.
Wer war denn der große Heilige? Du kannst ihn hier im Bilde bewundern. Er
sei hier geschildert wie folgt:
Heinrich Mohr 1842
"Der Schäfer Heinrich Mohr war derb gebaut und von starken Formen, breitschultrig
und von ansehnlicher Größe. Rötliches, über die Stirn hängendes Kopfhaar
und ein roter, krauser Backen- und Kinnbart von ziemlicher Länge und Dichte
umgaben das wetterfeste, leicht gebräunte Gesicht. Sein Gesichtsausdruck
war ein seltsames Gemisch von Albernheit und Verschmitztheit, welch Letztere
sich besonders in den kleinen etwas zugekniffenen Augen ausprägte, von dessen
äußeren Winkeln ein dichtes Bündel seiner Falten sich nach den Schläfen
hinzog. Ging das fast beständige Lächeln in grelles Lachen über, was ungewöhnlich
häufig geschah, so würde man an komplette Narrheit erinnert.
Seit den Tagen des Johannes Bückler, genannt Schinderhannes, der im Jahre
1803 abgeurteilt wurde, war kein Name weit und breit so häufig genannt,
wie der des heiligen Schiffers von Niederembt, obgleich Niederembt nicht
das erste Feld seiner Tätigkeit war. Im Jahre 1842 diente dieser Heinrich
Mohr auf dem ehemaligen deutschen Ordensgute Gürath bei Neurath als Schäfer.
Er war geboren zu Thorr 1798 und in Niederembt verheiratet. Daher der Name:
Schiffer von Niederembt. Nun sind Schafe bekanntlich manchen Krankheiten
unterworfen und die Schäfer verstehen es in den meisten Fällen, sie mit
Heilmitteln erfolgreich zu behandeln. Sie lernen die Kräfte mancher Pflanzen
und anderer Arzneimittel kennen, und kommen damit gleich vom Schaf auf den
Menschen, und dies lehrt uns auch diese Geschichte. Der Schäfer Mohr bediente
sich bei seinen Kurversuchen der sogenannten Sympathie. Der Grund der Heilung
liegt immer in der Sympathie, die zwischen dem Erkrankten und die in Anwendung
kommenden Körper besteht. Solche Kuren werden ausgeführt durch Gebete, Besprechungen
und dergl. und so hatte der Schäfer Heinrich Mohr auf Gürath bei Neurath
Sympathie, Menschen zu kurieren. Der Sohn eines Dachdeckers aus Buchholz
bei Bedburg litt an einer Fußgelenkentzündung und war ohne Erfolg ärztlich
behandelt worden. Der etwa 15 jährige Knabe wandte sich an den Gürather
Schäfer, der die Verbände sofort entfernte und sein Heilverfahren begann.
Durch die ungehinderte Einwirkung der Luft auf den kranken Fuß schlossen
sich vorübergehend die Fistelgänge und sonderten wenig oder gar nichts mehr
ab. Der Fuß schien wieder gesund zu sein und der vermeintlich Genesende
erzählte jedem, der es wissen wollte, wie er wunderbar geheilt worden sei.
Einige Jahre später starb der Junge an Tuberkulose.
Die erste Kur unseres Mohrs verursachte ein gewaltiges Aufsehen und bald
stand der Schäfer im Rufe eines Wunderdoktors. Durch das ganze Rheinland
und weit über dessen Grenzen hinaus war der Name des neu Wundertäters im
Tale der Erft bekannt. Als nun gar noch ein angesehener Mann aus der Nähe
den großen Arzt pries wegen Heilung eines kranken Finger seines Söhnchens,
da begann alsbald ein derartiger Zulauf, dass der Schäfer seinen Dienst
nicht mehr versehen konnte. Man spricht: ein klein Ding kann Eindruck machen.
Schäfer Mohr wurde von seinem Herrn entlassen und ließ sich in Neurath nieder,
wo er den ganzen Tag mit sein Kuren beschäftigt war. Der Sohn des Dachdeckers
aus Buchholz diente als Reklame und Paradepferdchen. Ein Umstand förderte
ganz gewaltig das Heilwerk unseres Mohr: Der Pfarrer Lennartz aus Neurath,
ein kindlich frommer Mann, gewährte dem Heinrich Mohr längere Zeit Gastfreundschaft
in seinem Hause, wo dieser auch seine Kuren ausführte. Die Haushälterin,
Jungfer Fischer, hatte sich, wie ihr Herr auch durch den Schein betören
lassen. Eine Verwandte des früheren Brotherrn Mahrs unterstützte ihn ganz
besonders. Sie wohnte in Neurath und fertigte den ganzen Tag Zulasskarten
aus, die sie sogar mit, ihrem Siegel stempelte. Die Mühle kam nun von selbst
in Gang.
Zu Fuß und zu Pferde, auf Karren, in Chaisen und Prunkwagen eilte man herbei
zum Schäfer. Der Andrang war riesengroß. Mohr machte bei den Kranken drei
Kreuzzeichen, die aber bei seinen ungeschickten Bewegungen so unförmlich
auffielen, als habe er die Kranken nur angetupft. Daher sagte man, der Schäfer
"betuppe" die Leute. Wie flüchtig Mohr auch die Bewegungen oder Betupfungen
machte, es kamen so viele Menschen, dass sie oft tagelang warten mussten,
ehe die Reihe an sie kam. Wenn wir heute in dieser Beziehung Umschau halten
und nachdenken, so finden wir, dass die Dummheit noch immer nicht ausgestorben
ist. Vornehmen Leuten gelang es, durch reiche Gaben eher Einlass zu erlangen,
die Armen riefen ohne Unterlass: "Heiliger Schiffer, hilf uns!".
Bis zum Spätherbst 1842 stand das Dorf dauernd seiner ganzen Länge nach
vollgepfropft mit Karren und Wagen, jedes Haus war Herberge und dennoch
hatten nicht alle ein Unterkommen. Viele mussten in ihren Karren und Wagen
übernachten, oder man suchte in den Nachbardörfern ein Obdach. Die ganze
Umgegend wimmelte nur so von Menschen. Kranke suchten Heilung, Gesunde wollten
ihre Neugierde befriedigen. Von der Nordseeküste und von den Höhen der Schweizer
Berge, aus Österreich und aus Frankreich eilten Leichtgläubige herbei. Die,
verschiedensten Mundarten schwirrten durcheinander, alle Konfessionen waren
vertreten. Bis jetzt hatte Mohr in Neurath praktiziert und seinen eigentlichen
Wohnort unberücksichtigt gelassen. Man wusste ihn aber durch seine Frau
zu bestimmen, dass er nun die Hälfte der Woche auch in Niederembt wirkte.
Auch hier ging sofort der Rummel los, genau wie in Neurath. Niederembt bot
ein Bild wie im Kirmestrubel. Menschen, mit den verschiedensten Gebrechen
behaftet, standen wie Puppen zur Schau ausgestellt. Dazu kam dann das laute
Rufen, Klagen und Jammern der Hunderte, die sehnsüchtig und hilfebegehrend
ihre Hände nach dem Schäfer ausstreckten. Es regnete Gold und Silber für
alle, die an dem Schauspiel interessiert waren, nur nicht für die Leidenden,
die Betrogenen! Wieso? Der heilige Schiffer forderte doch nichts für sein
wunderbares Wirken! Freilich nahm er kein Geld in die Hände, aber in seiner
kurzen blauen Arbeitsbluse befanden sich große starke Seitentaschen, deren
man sich statt eines Opferkastens bedienen durfte. Häufig kam es vor, dass
man Mohr nachts meilenweit zu vornehmen und hochgestellten Personen holte.
Einen Tag hatte die Menge, die sein Haus belagerte, ihn um keinen Preis
ziehen lassen. War es nur irgendwie möglich, dann wandte er auch hier in
Niederembt alle List an, um von dem gewöhnlichen Volk zu den großen zu entschlüpfen,
bei welchen er und seine stillen Teilhaber einer reicheren Beute gewiss
war. Das war eines Heiligen doch wenig würdig. Die blinde Menge achtete
nicht darauf. Wehe dem, der sich erkühnte, über den Schäfer zu spotten.
Er wäre von dem fanatischen Volke totgeschlagen worden. Jeder vernünftige
Einwand wurde als krasser Aberglaube zurückgewiesen und der Zweifler wurde
als Feind der Religion verschrien. "Heiliger Schäfer erhöre uns!" schallte
es durch die Straßen. Die tollsten Sachen, die gröbsten Lügen über angebliche
Wunderheilungen wurden verbreitet und felsenfest geglaubt wie das Evangelium.
Ein Fanatiker steckte den anderen an. Man ging in der Verrücktheit noch
weiter. Es wurden Bilder von dem heiligen Manne verkauft, die man teuer
bezahlte und wie ein Heiligtum hütete. Selbst auf Taschentücher wurde er
abgebildet. Da konnte man ihn bewundern. Das Bild war von einem Lied umrahmt,
das man mit Begeisterung sang, nach der Melodie: Ich bin der Doktor Eisenbart!
Ich bin der Schäfer. Heinrich Mohr,
Ich krieg so manches Schaf beim Ohr!
Ich schmiere nicht, ich bete nur,
Und darum gelingt mir meine Kur!
Durch Kreuzen, beten, Händestreichen, Muss mir so manches Übel weichen, Doktoren und Apotheker weinen,
Weil meine Kuren heilig scheinen.
Es kam ein Mädchen hübsch und fein, Auch sie wünschte kuriert zu sein,
Sie rührte meinen Kittel an
Und sprach: Es hat schon gut getan! ...
Wie schon gesagt, es waren nicht nur geringe Leute, die sich "betuppen"
ließen, auch aus freiherrlichen und gräflichen Familien meldeten sich die
Kranken, die sich vertrauensvoll dem Wunderdoktor nahten. Sehr schlimm war
bei der ganzen Sache, dass rheumatische Personen durch die winterlichen
Reisen unheilbar der Gicht verfielen. Fieberkranke fanden den Tod, darunter
auch eine Gräfin, die bestimmt in ärztlicher Behandlung zu retten gewesen
wäre. Man fragte sich: "Wo bleibt die medizinische Polizei? Warum greift
die Behörde nicht ein?" Sie waren eben machtlos. Die Volksmenge war verrückt.
Es schien gefährlich, derselben in ihrem Wahn durch Zwangsmaßnahmen entgegenzutreten.
Man dachte nur mit Recht: "Kommt Zeit, kommt Rat.".
Und so kam es auch. Gegen Ende des Winters 1843 brach in dem Hause des Schäfers
das Nervenfieber aus, während die anderen Häuser verschont blieben. Zwei
Kinder des Mohrs starben und der alte Schäfer selbst wurde von der Krankheit
ergriffen. Mit dieser wuchs auch seine Angst. Am 3. März 1844 ließ er abends
den berühmten Arzt, Dr. Schaffath aus Bedburg rufen, der ihn und auch sein
noch lebendes Töchterchen kurierte. "Heinrich, Heinrich, mir grauts vor
dir!" wird der Arzt gedacht haben. Heinrich Mohr wurde aber aus freudiger
Dankbarkeit gegen seinen Lebensretter unerwartet im hohen Grade offenherzig
und machte demselben über seine fromme Kunst die weitesten Mitteilungen.
Auch erhielt der Arzt die Zeugnisse, die gläubige Kranke dem heiligen Schäfer
über ihre vermeindliche Genesung ausgestellt hatten. Als der Schäfer durch
ärztliche Hilfe wieder auf die Beine gebrach worden war, wollte er sein
Geschäft wieder in Gang bringen. Vergebens! Es zog nicht mehr. Man forschte
nach und fand, dass alle angebliche Heilungen nur Lüge, Selbsttäuschung
oder Zufall gewesen waren.
Über die Tätigkeit des heiligen Schäfers schrieb damals ein gewisse Wilhelm
Harff in Erinnerungen aus seiner Jugendzeit u. a. folgendes: Viele kamen,
um sich von dem Wunderdoktor kurieren, im Grunde aber, um sich von ihm das
Geld aus der Tasche ziehen zu lassen. Allenthalben hörte man sagen, dass
die und die Personen gesund gemacht worden seien, aber es war nichts als
Einbildung, wie das ja nach Lage der Sache nicht anders sein konnte. Wie
man durch Einbildung ernstlich krank werden kann, so war es auch nicht ausgeschlossen,
dass sich der Eine oder Andere der Hilfesuchenden einbildete, wirklich gesund
geworden zu sein. Der Wunderdoktor nahm klugerweise selbst kein Geld von
den Patienten an, das besorgte sein Personal. Ein siecher Mann aus Gevelsdorf,
der niemals seine Glieder gebrauchen konnte, wurde zu dem wundertätigen
Niederembter gefahren. Er kam zurück und - welch ein Wunder - schon ging
er, auf einen Stock gestützt in der Stube umher. Aber die Freude hatte bald
ein Ende, nur die Begeisterung und die Aufregung hatten die Glieder für
kurze Zeit erstarkt. Sobald die ersten Tage vorüber waren, saß der Mann
wieder im Siechstuhl.
In der kurzen Zeit seines Wirkens hatte Mohr aus freiwilligen Spenden eine nette Summe zusammengebracht. Nach seinen Angaben will er von allen Einnahmen zweidrittel an die Armen und Kirchen abgegeben haben. Wer kann das Gegenteil beweisen? Eines aber steht einwandfrei fest, den Löwenanteil erhielten seine vermeintlichen Gönner und Freunde. Kurz und gut, soviel behielt er noch, dass er nach einem Verkauf seines Anwesens in Niederembt in der Nähe von Buir ein größeres Landgütchen erwerben konnte. Allein Glück und Unglück tragen sich Huckepack. Der Ackerboden war von geringer Güte und der abgetane Wundermann ohne jede landwirtschaftlichen Kenntnisse und ohne die erforderliebe Lust zur ernstlichen Arbeit, schritt er seinem schnellen Ruin entgegen.
Armer als zuvor griff er zum Schäferstabe. Im Jahre 1856 finden wir ihn
in Thorr und in den Jahren 1866-1868 in Rheidt auf der Gilbach. Hier brachte
ihm eines Tages der Postbote einen Brief aus Paris, der aber in Wirklichkeit
nach Mönchengladbach-Rheydt bestimmt war, wie sich aus dem Inhalt ergab.
Die schlecht geschriebene Adresse, die man für "Mohr" lesen konnte und die
fast gleiche Ortsbezeichnung konnten leicht den Irrtum verursachen. Mohr
vermutete alsbald, dass es sich um ein größeres Geschenk handelte. Ein vornehmes
Fräulein aus Paris, das ihn in Niederembt aufgesucht hatte, sollte ihm im
Falle der Genesung ein bedeutendes Legat versprochen haben. Mohr sieht die
Zahl 6000 in dem Brief und hält sie für das erwartete Vermächtnis, wobei
er 6000 m als Geldbetrag deutet. Er bittet einen Kollegen, ihm den in französischer
Sprache abgefassten Brief zu übersetzen, die Hälfte der Summe sollte die
Vergütung sein. Fürwahr, eine fürstliche Belohung. Mit verhaltenem Atem
hörte er zu. Da zerrinnt der schönste Traum seines Lebens. Ein Pariser Samtbandgeschäft
ersucht ein Rheydter Haus um baldige Zusendung der bestellten 6000 m Samtband.
Es blieb dem armen Mohr nichts anderes übrig, als den nichtsnutzigen Brief
neu zu kuvertieren und an seinen richtigen Bestimmungsort abgehen zu lassen.
Polternd und fluchend über die schlechte, undankbare Welt schlich er zu
seiner Herde zurück.
Der immerhin merkwürdige Mann starb in Botteobroich am 8. Mai 1884. Er erreichte ein Alter von 86 Jahren. So endete der Schäfer Heinrich Mohr, genannt der "heilige Schäfer von Niederembt".
Quelle: "Niederembt ein Dorf im Embegrund” von P. Daniels 1951
Der Schäfer von Niederembt in Rheinpreußen und seine Gebetsheilungen
(Aus einer Zuschrift an die Redaktion, 1843.)
Indem wir den folgenden Bericht eines Augenzeugen, wie wir ihn
von glaubwürdiger, achtbarer Hand empfangen haben, unseren Lesern mitteilen,
ist es durchaus nicht unsere Absicht, dem Urteile über die darin enthaltenen
Tatsachen durch ein entscheidendes Urteil vorzugreifen; hierzu dürfen überhaupt
ausführlichere Mitteilungen erforderlich sein.
Allein Eines wissen wir, dass Gott die Kraft seiner Gnade verleihen kann,
wem er will, und dass sie sich gerade da gewöhnlich am liebsten zeigt, wo
man sie am wenigsten erwartet, und wo der Stolz und die Weisheit der Menschen
sie am unliebsten sucht.
Dass die Behörde, und namentlich die weltliche, in diesem Fall nicht, wie
es früher nur gar zu oft geschah, mit roher, Alles unterdrückender Bajonette
Intelligenz und Polizeigewalt eingeschritten ist, von dem Vordersatze ausgehend,
dass überall, wo etwas Übernatürliches sich zu ereignen scheint, entweder
Betrug oder Selbsttäuschung obwalte: dies halten wir löblich und dankenswert;
indem wir darin einen Fortschritt in der Behandlung religiöser und Gewissenfragen
erkennen.
Allein dies ist nur die Seite. Die Heilung des Schäfers von Niederembt sind
eine öffentliche Angelegenheit des Landes geworden. Während die Einen an
die Zeiten des finsteren Aberglaubens und des leichtgläubigen Fanatismus
erinnernd darüber spotten oder den vielfach angefeindeten Mann gar zum Gegenstand
ihrer Fastnachtslustbarkeiten und Spöttereien machen, geben die Anderen,
in der Hoffnung Erlösung von den eingewurzelten Leiden und schrecklichen
Krankheiten zu finden, ihren letzten Heller daran, um mit ihm zu beten;
in dem Zustande der äußeren Entblößungen, unter den entsetzlichen Schmerzen,
allen Unbilden der Witterung ausgesetzt, lassen sie sich Tagreisen weit
herbei fahren, oder sie schleppen sich selbst mit ihren Krücken mühselig
und armselig herbei, um eine übernatürliche Hülfe bei ihm zu finden. Manche
von ihnen erklären sich nach der Verrichtung der Andacht wirklich geheilt,
sie danken Gott und preisen den Schäfer als das Werkzeug ihrer wunderbaren
Erlösung, und bewegen so neue Scharen zu dem heilkräftigen Manne hinzuwallfahrten.
Unter diesen Umständen scheint uns die Sache von allzu großer Bedeutung, als sie bloß ungehindert und unbeachtet gehen zu lassen. Entweder ist die Sache eine Täuschung, oder es find wirklich ungewöhnliche Heilungen durch eine Naturgabe von unten, oder wunderbare durch eine Gabe von oben erfolgt, und das Gebet des Schäfers hat eine besondere Kraft, oder nicht; in beiden Fällen scheint es uns wünschenswert, dass von der geistlichen Behörde, mit Zuziehung der weltlichen, und namentlich erfahrener Ärzte, die Tatsachen untersucht werden, damit, im Falle der Bestätigung, Gott die Ehre und den leidenden Kranken ein so hoffnungsreicher Trost nicht entzogen werde; erweisen sich aber die gerühmten Wunderheilungen als übertrieben oder ganz natürlich, oder bietet das Laben des Schäfers selbst schwache Seiten dar, damit dann das Volk davon in Kenntnis setze, und vergeblich eine Schmerzliche Reise unternehme, um schlimmer und trostloser, als es gekommen, heimzukehren; vor allem aber, damit der Religion selbst das daraus entspringende Skandal zuletzt nicht zur Kraft gelegt werde.
München 8. März 1843
Die Redaktion der histor. polit. Blätter
Der Schäfer von Niederembt
Vielleicht interessiert es Sie, wenn ich Ihnen Eigens über den Schäfer von Niederembt sage, da Sie ohne Zweifel viel Widersprechendes über ihn und seine Wunderheilungen werden gehört haben. Ich will Ihnen aber nicht mehr sagen, als ich verbürgen kann.
Vor kurzem erhielt ich eine Einladung nach Neurath. Der Schäfer bringt die vier ersten Tage in Neurath zu, wo der Pfarrer, ein frommer unterrichteter Mann ihn Mittags mit Gewalt aus dem Hause, in welchem man ihm ein Zimmer gemietet hat, holen lassen muss, damit er wenigstens alle vierundzwanzig Stunden Speise nehmen könne. Dieser treffliche, allgemein verehrte Geistliche hat mir einige eklatante Heilungen des Schäfers erzählt, die er mit Augen gesehen; ich habe auch Geheilte gesprochen und von anderen sehr glaubwürdigen Menschen so auffallende Dinge der Art erzählen hören, dass man vernünftiger Weise gar nicht mehr zweifeln kann, dass Gott diesem Schlichten, auf den ersten Anblick sogar roh erscheinenden Manne die Gabe der Gebetsheilung im hohen Grade erteilt habe. Es gehen hier in Köln vieljährige Krüppel jetzt gerade und gesund herum zum Ärger mancher Ärzte, die Verleumdungen der niedrigsten Art über diesen Mann, der freilich nicht in ihrem materiellen Interesse wirkt, ausstreuen. Die Zeitung soll nur Artikel gegen ihn annehmen, und sämtliche Zeugnisse von Geheilten aus der Nähe und Ferne zurückweisen. Die elenden Karikaturen werden feil geboten, in denen auch keine Spur von Witz ist (auch in Bonner Maskenzuge musste erscheinen ), und allerlei Schriften werden gegen den harmlosen Mann verbreitet, der meiner Überzeugung nach, wahrlich dies furchtbar gequälte Leben nicht auf sich genommen haben würde, wenn er nicht einen Beruf dazu sich gefühlt hätte.
Der Schäfer 1798 geboren, eine sehr kräftige Mannesgestalt, der man aber
auch wohl den dreijährigen Dienst bei der preußischen Garde ansieht. Der
Ausdruck seines Gesichts scheint mir ein Gemisch von innerer Freudigkeit
und überstandenen Leiden zu sehn. Seien Unterhaltung war ganz munter; er
scherzte, sprach viel mit mir über Berlin und "gute Leute, die er dort gekannt
habe", nichts von Bedeutung.
Es war ihm gesagt worden, dass Einige der Anwesenden seien Hilfe wünschten, und der fragte, um von ihnen befreit zu werden, und er erwiderte ganz naiv: Gott wolle, dass die Welt ganz gesund werde, da er zugleich drei Männern die Gabe der Heilungen gegeben; in der Schweiz sei auch ein Schäfer und "noch wo Einer", der diese Gabe habe.
Er sprach auch die Ansicht aus, dass Gott gewisse Orte erwähle, wo Wunder
geschehen sollten, wie z.B. Kevelaer, und dass er glaube, er sei für die
Gegend beauftragt, in der er lebe. Es wurde ihm gesagt, dass vornehme Offiziere
geäußert, der König von Hannover wolle ihn seines Sohnes wegen zu sich rufen.
Der Schäfer antwortete darauf, "der kann zu mir kommen".
Es wurden nun verschiedene Protestanten erwähnt, die auf seine Fürbitte
genesen sind von Übeln, die lange der Kunst der Ärzte getrotzt; von diesen
habe ich aber seinen selbst gesehenen und gesprochenen, durch P. B…, der
unlängst hier war, aber gehört, dass ihm eine sehr merkwürdige Heilung dieser
Art bekannt sei, und er den Geheilten, einen Bäcker aus Düsseldorf, selbst
gesprochen habe. Derselbe litt in Folge einer früher erhaltenen Wunde am
Kopf an furchtbaren Kopfschmerzen, und während der Gebetszeit, die der Schäfer
ihm vorgeschrieben, fiel, wie mir gesagt wurde, demselben ein Stückchen
Eisen aus dem oberen Teil des Kopfes in den Mund, und er war seit dem Augenblick
ganz frei von Schmerzen. Ich hörte auch von glaubwürdigen Menschen die
erzählen, dass eine junge Jüdin, die ein unheilbares Übel an der Hand hatte,
durch das Gebet des Schäfers geheilt, und seit dem entschlossen sei, Christin
zu werden.
Den Protestanten, die um Heilung kommen, schärft der Schäfer jedes Mal ein,
auf die Fürbitten der Muttergottes fest zu vertrauen und die Gebete gewissenhaft
zu verrichten, oder sie von einem Katholiken verrichten zu lassen; er lehrt
sie auch bei der Gelegenheit das Ave Maria. Ich glaube für die Jüdin hat
er selbst das Gebet übernommen.
Er sagte mir auch, dass es ihn immer sehr freue, wenn Protestanten kämen,
weil er sie dann doch vermöchte, sich an die Muttergottes zu wenden. Zu
jener frommen alten Freundin des P. L. hat er auch gesagt: er habe eine
unaussprechliche Freude darüber, dass durch ihn so viel Gebet geschehe,
wodurch die liebe Gottesmutter geehrt werde.
Dieser Ausdruck der größten Freudigkeit war mir bei diesem Manne so rührend,
denn seine Würde ist wahrlich nicht leicht. Es begann schon zu dunkeln,
als er mit den Kranken, die sich im Hause des Pfarrers befanden, fertig war,
und der nun zu dem langen Wagenzug, der nummeriert und von einem Gendarmen
beaufsichtigt, von der Tür des Pfarrers bis zum Ende des langen Dorfes reichte,
hinaustrat, an der Türe aber schon von einem Haufen Krüppel ergriffen ward,
bevor er bis zum nächsten Karren kam. Ich hatte ihm vorher einmal die Menge
gezeigt, und gefragt, wie er doch fertig werden wolle. Er hatte mir mit
dem Ausdruck der Heiterkeit geantwortet, "das geht die Nacht so durch; auch
in der vorigen habe ich nur zwei Stunden geschlafen". Es waren damals sehr
kalte Nächte, und ich bedauerte die armen, zum Teil sehr wenig bekleideten
Kranken und Krüppel mehr als den Schäfer, dessen überaus kräftigen Aussehen
bei dieser Lebensweise nur als ein Wunder zu betrachten ist.
Herzzerreißend war mit der Anblick dieses Haufens von Elend jeder Art. Lahme,
Blinde, Bucklige, Krebskranke mit schon zerfressenen Gesichtern, Kinder
voller Knochenfraß etc., und dabei waren die meisten so arm! Man müsste
Gott um Stärke bitten, den Anblick zu ertragen; Allen zu Helfen, oder vielmehr
ihre Not zu lindern, war unmöglich. Viele waren weit her, hatten auch schon
die Nacht hindurch unter freiem Himmel gelegen. Aus einem Karren sah ich
eine Frau liegen, die wie sterbend aussah, und der Gendarm sagte mir, dass
sie schon zwei Nächte so liege, und bat, man möge doch den Schäfer zuerst
zu ihr führen. Bei unserer Ankunft hatten wir die Zahl 64 an einem der Karren
gefunden, der noch nicht einmal der letzte in der Reihe war, und auf den
mehreren waren mehr als ein Kranker.
Der Schäfer nimmt in der Regel die Hilfesuchenden der Reihe nach vor, wie er sie findet; ich habe nicht bemerkt, dass er zwischen Vornehmen und Geringen einen Unterschied mache. Er fragt um das Übel, bezeichnet sich mit dem heil. Kreuzzeichen und betet leise, berührt von Zeit zu Zeit die Kranke Stelle, bezeichnet sich dann wieder mit dem heil. Zeichen und betet wieder. Wenn der Patient nicht von selbst betet, so legt der ihm seine Hände zusammen. Bei Einigen betet er lange und berührt sie sehr wiederholt, bei Anderen wird er schneller fertig. Er gibt ihnen eben auch nicht viel Gebet auf. Die meisten bekamen eine neuntägige Andacht: "die schmerzhafte Muttergottes bitte für uns"! nach welchem Ausruf dann das Ave wie gewöhnlich geschlossen wird: heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns etc.; dann ward Einigen noch das Ehre sei dem Vater und das Glaubensbekenntnis aufgegeben, und den meisten drei Vaterunser und Ave zur Ehre des hl. Willibrordus, oder hl. Gotthardus, der hl. Odilia oder hl. Apollonia, je nachdem das Übel war. Bei Allen schloss er mit der Ermahnung, diese Gebete nicht nachlässig zu verrichten bei der Arbeit, oder im Bett, sondern auf den Knien in verschlossener Kammer; sie sollen diese Aufgabe auch nicht in der Kirche beten, denn "da hätte man doch genug zu beten". Auch wurden Alle zum Glauben und zu einem tugendhaften Leben ermahnt. Er sagte einmal: "Liederlichen kann nicht geholfen werden". Manche Leute bekamen auch eine achtzehntägige, manche eine sechsunddreißige Andacht.
Die meisten Heilungen sind nicht plötzlicher Art, sondern erfolgen während
der Zeit der Gebetsaufgabe, und nach und nach; doch sind auch Fälle vorhanden,
wo die Heilung plötzlich erfolgt ist, wie z. B. bei einem Mädchen, das im
höchsten Grade an der Fallsucht litt und täglich wiederholt Anfälle bekam,
wie auch im Augenblick, wo sie im Hause des Pfarrers Z., nebst anderen Unglücklichen,
dem Schäfer vorgestellt ward. Sie hat sich auf der Erde herumgewälzt und
fürchterlich gestöhnt, worauf er eine Kranke mitten in der Behandlung hat
stehen lassen, die Epileptikerin bei der Hand ergreifend und augenblicklich
heilend, wie der Hr. P. Z. und andere gewissenhafte Augenzeugen uns bezeugen.
Während wir dort waren, kam ein verabschiedeter Gendarm aus dem Orte dieses
Mädchens (ich erinnere mich nur noch, dass sie aus der Gegend von Trier
war) und brachte mit sichtlicher Freude die Nachricht, dass jenes Mädchen
seitdem völlig gesund sei; die Heilung war vor einigen Wochen geschehen;
dieser Mann selbst aber war von seinem schweren Augenübel nicht genesen,
und kam nun zum zweiten Mal. Der Schäfer ermunterte ihn zum Vertrauen, und
versicherte, er werde genesen.
Übrigens genesen bei weitem nicht alle, doch immer genug, um täglich neue
Züge von Hilfesuchenden herbei zu locken, die sich allen Leiden der harten
Jahreszeit aussetzen, um Befreiung von ihren Übeln zu erlangen. Mir vergegenwärtige
der Augenblick dieses Stroms von menschlichem Elend die Zeit, wo der Heiland
als Mensch heilend und …. Umherzog, und ich konnte viele Tage lang des Jammers,
der flehende Blicke, des stillen, geduldigen Wartens Vieler nicht vergessen.
Es war ein unbeschreiblich rührender Anblick, der zum tiefen Ernst auffordert.
Was mich im hohen Grade in Bewunderung setzte, ist der Umstand, dass die
kleinen Kinder nicht weinten, wenn der Schäfer in ihre wunden hineingriff,
was öfters auf die krasseste Weise geschah. Bei erwachsenen sah ich einige
Mal den Ausdruck der Furcht oder des Schmerzes, wenn der Sitz ihres Übels
berührt ward.
Zu den Heilungen, welche hier das größte Aufsehen gemacht haben, gehört die einer Witwe Billes, welche seit Jahren an einem ungeheuren Milzauswuchs krank und in so hohem Grade lahm war, dass sie sich nur auf zwei Krücken durch das Haus schleppen konnte. Diese hat auf dem Rückweg vom Schäfer schon ihre Krücken nicht mehr gebraucht, ist während der (Kuren?) vollkommen genesen, und jetzt, nach ihrer Aussage ganz gesund; ich habe sie selbst gesprochen.
Die erste Heilung des Schäfers im vorigen Sommer an einem seiner Mitknechte,
der eine Wunde am Schienbein, wo ihm ein Pferd geschlagen, hatte, die allen
ärztlichen Mitteln trotze. Auf den Rath des Schäfers unterließ er endlich
die Anwendungen aller äußeren Mittel, und erlangte auf das Gebet des Schäfers
völlige Heilung; ich habe auch diesen Menschen gesprochen.
Eben dieses Verbieten äußerer Mittel aber, die von Ärzten verordnet wurden,
zieht in diesem Augenblick dem Schäfer eine gerichtliche Vorladung zu. Er
soll einem Patienten eine Fontanelle verboten, und dieser soll davon großen
Schaden genommen haben; so lautet die Anklage der Ärzte. Gräfin F…g und
andere Damen ihres Hauses, die die Hilfe des Schäfers gesucht haben, stehen
mit auf der Liste der Vorzuladenden, wie ich durch den Rechtsgelehrten weis,
der sie verhören soll.
Der Hr. Koadjutor benimmt sich ganz vorsichtig, wie billig. P.Z. hatte gleich zu Anfang um Verhaltungsregeln gebeten, und nach längerer Zeit die Antwort erhalten: er werde wohl wissen, dass die Kirche den Ausspruch getan, dass geistliche Autoritäten dergleichen weder fördern noch hindern sollen. Der P.Z. kam aber bald darauf selbst her, um spezielle Vorschriften zu empfangen, und erzählte dem Herrn Koadjutor die merkwürdigen Heilungen, die unter seinen Augen vorgefallen.
So oft er aber das Wort "Wunder" brauchte, berichtigte Hr. (Geissel?) dasselbe und sagte: Sagen Sie Heilung. Seitdem führt der Schäfer noch den Namen Knecht des Pfarrers Z., erhält auch das Mittagessen an den vier Tagen, die er wöchentlich in Neurath zubringt, aber im Hause des Pfarrers werden ihm keine Kranken vorgestellt.
Dass sehr viele Heilungen erfolgt sind, kann unmöglich geleugnet werden,
und es freut sich gewiss, dass so viele hoffnungslos Elenden geholfen wird;
mehr noch aber freut es mich, dass gerade in dieser Gegend sich die Muttergottes
so hilfreich gezeigte, wo viele Priester sie so gern in den Winkel schieben
möchten und ihr den gebührenden Titel: Mutter Gottes – nicht mehr gönnen
wollen, sie nur noch "Mutter des Herrn" nennend. Es ist auch auf dem Lande
an mehreren Orten gegen den Schäfer gepredigt worden, doch wurden einige
seiner heftigen Gegner durch den Augenschein zum schweigen gebracht.
Wenn man den einfachen Mann so sieht und reden hört, der verheiratet und
dessen jüngstes Kind noch kein Jahr alt ist, der sich bei Tisch benimmt,
wie jeder andere Mensch, und der ganz von den gewöhnlichen Dingen reden
kann, so ist man leicht in Versuchung, zu fragen: was hat denn die liebe
Mutter Gottes bewogen, gerade diesem so gnädig zu sein, und ihm über die
Krankheiten aller Art (kürzlich ist auch ein wahnsinniger Holländer genesen
von ihm gegangen) Gewalt zu geben? Es sollen auch schon Geistliche gefragt
haben: warum Gott nicht lieber sie erwählt, die ihm doch Opfer gebracht
hätten. Übrigens hat dieser schlichte Mann auch so große Gnaden nicht umsonst
empfangen, wie ich von Leuten, die ihn von seiner Kindheit kennen, gehört
habe. "Er ist immer sehr fromm, sehr Wahrheit, sehr sittlich gewesen, hat
drei Jahre lang in Berlin untadelhaft gelebt, und sich bei seinem bisherigen
Brotherrn, einem reichen Landmann, dem der als Schäfer diente, das beste
Zeugnis erworben". Wenn seine Mitknechte am warmen Ofen saßen, hat er oft
im Schnee vor einer Feld Kapelle gekniet, ja ganze Nächte zugebracht, während
er sein Lager an irgend einen Bettler, der etwa gegen Abend das einsame
Gehöft erreichte, abgetreten. Auch ist er durch seine Schwiegereltern, die
vermögender waren als er, hart geprüft, und seine Frau gegen ihn oft aufgeregt
worden, wo er sich aber immer friedlich ausweichend benommen haben soll.
Die Frau hat zu einem Bekannten gesagt: sie möchte oft vor ihm niederknien
und es ihm abbitten, was er ihretwegen gelitten habe. Ich war nicht in Niederembt,
wo seine Frau mit ihren vier Kindern wohnt, und kenne sie nicht. Sie soll
einem Herrn von Erscheinungen erzählt haben, die ihr Mann am Karfreitag
und später einmal gehabt hätte; durch eine meiner Begleiterinnen darüber
befragt, antwortete er ablehnend, aber nicht verneinend darauf. Dass der
Schäfer Geld annimmt ist wahr, ich sah es selbst; aber er forderte nie,
und das Erhaltene teilte der in drei Teile, einen der Kirche, einen dem
Armen und einen seiner Familie gebend. Gekleidet ist er warm, und derb in
der Tracht seines Standes. Als er bemerkt, wie jemand seine Gestalt in Papier
ausschnitt, lachte er und fragte: "Warum haben Sie mir nicht meine Schüppe,
Tasche und ein paar Schafe gegeben?"
Quelle: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland
Riedel-Verlag, München
Jahrgang 1843, Band XI, Seite 374-382
(Die Rechtschreibung wurde der heutigen angepasst)