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letzte Änderung: 05.04.2024 09:57:34.

Die Geschichte des Niederembter Wetterhahnes

Die Geschichte des Niederembter Wetterhahnes

Wie lange dieser Wetterhahn schon auf der Turmspitze der Pfarrkirche St. Martinus in Niederembt steht, ist nicht bekannt. Auf dem ältesten Foto von 1896 ist er jedenfalls schon auszumachen. Er wurde aus Kupfer gefertigt und war früher nach Berichten älterer Niederembter nicht vergoldet. In den 60er Jahren war er wohl reparaturbedürftig, die Pfarre war aber klamm.

Im Jahr 1964 waren zwei junge Männer aus Niederembt außerdem der Meinung, dass ein vergoldeter Hahn doch viel schöner in der Sonne glänzen und von viel weiter aus sichtbar sein würde. Also nahm Franz-Josef Burbach, gelernter Restaurateur und Vergolder, die Treppen hinauf auf den Kirchturm, stieg durch die kleine Dachluke ganz oben am Turm aufs Dach und holte den Hahn von der Kirchturmspitze, zunächst bis auf die Galerie, dann wurde er am Seil nach unten gelassen - ein waghalsiges Unternehmen. Sein Freund Gerhard Fromm, der in dem Bauernhof neben der Kirche wohnte, half ihn.

Erzählt wird, dass die beiden jungen Niederembter mit dem Hahn durchs Dorf gingen und Spenden für eine Vergoldung sammelten. Auf dem Hof des Hauses Hahnenstraße 1 wurde der Hahn schließlich gelb lackiert und anschließend dünn vergoldet. Die beiden jungen Männer hatten das Datum „20.6.1964” und ihre Namen mit Schlagbuchstaben auf den Hals des Vogels ins Metall eingeschlagen, außerdem den Namen des damals amtierenden Pfarrers (Gottfried) Schmitz. Auf dem Schwanz des Hahnes war der Name „Karl Burbach”, ein Bauunternehmer aus Niederembt, eingeschlagen und darunter viele weitere Buchstaben, die wie Initialen anmuten und vielleicht zu Namen von Spendern gehören. Wann der nun vergoldete Hahn wieder auf die Kirchturmspitze kam, ist nicht ganz klar, ob schon 1964 oder später. Augenzeugen erzählen, dass die vergoldete Figur zunächst mit einer Art Flaschenzug bis zur Galerie gezogen wurde. Franz-Josef Burbach stieg wieder aus einer der kleinen Luken an der Spitze des Turms auf das Dach hinaus, zog den Hahn herauf und montierte ihn, ohne jegliche Eigensicherung, wieder auf seinem angestammten Platz.

Viele ältere Niederembter erinnern sich noch, als Kind in einer großen Gruppe am „Kloster” (jetzt St. Martinushaus) gestanden zu haben, um das Schauspiel mit angehaltenem Atem zu verfolgen.

Orkan Zeynep fegte im Februar 2022 über Niederembt, danach stand der Hahn schief. Ein zu Rate gezogener Fachmann hatte schlechte Nachrichten: die Befestigung war insgesamt marode und es bestand die Gefahr, dass Teile des Schmuckes herabstürzen. Der Bereich um die Kirche wurde weiträumig gesperrt, Zugang zur Kirche war nur noch durch den Eingang unter dem Turm möglich. Ein erster Termin, um den Schmuck des Turmes abzubauen, musste wegen plötzlich einsetzenden Winterwetters abgesagt werden. Erst am 27. April 2022 wurde ein Steiger aufgestellt und in einem Korb fuhren Schlosser und Dachdecker mehrfach 60 Meter nach oben, um die Teile zu demontieren, herunter zu bringen, das Dach wieder abzudichten und einen vorläufigen Blitzableiter zu installieren. Zum ersten Mal seit 60 Jahren war es nun möglich,die Teile der Turmzierde von nahem anzuschauen.

Die Vergoldung des Hahns war zum großen Teil abgewittert, die tief eingeprägten Schriftzüge jedoch noch gut lesbar. Die unter dem Hahn befindliche Kugel aus Kupfer wies vielerlei eingetriebene, nur teilweise leserliche Schriftzüge auf. Auf dem Verschluss der Zeitkapsel war verzeichnet: „Generalüberholt November 1967 Fa P Zeppenfeld Vicht b Stolberg”. Die Kugel hatte zahlreiche Löcher (Einschüsse?), die Zeitkapsel war leer. Stange und Kreuz waren so marode, dass sie einem weiteren Sturm nicht standgehalten hätten. Die Lagerung des Hahnes war ebenfalls stark korrodiert, er hatte sich nicht mehr in den Wind drehen können. Das war vermutlich der Grund für den Schiefstand nach dem Sturm.

Die Kunstschmiede Hoppen in Dattenberg transportierte alle Teile ab und arbeitete sie auf. Der Hahn und alle Teile der Kugel, des Kreuzes und der Stange konnten erhalten werden, nur zwei Zierelemente waren verlorengegangen und mussten neu erstellt werden. Die alten Schriftzüge sind nicht mehr zu sehen, wurden aber von der Kunstschmiedewerkstatt vorher dokumentiert. Alle Kupferteile erhielten einen künstlichen Grünspanüberzug. Der Hahn dagegen wurde mit einer dünnen Schicht aus 24 karätigem Gold vergoldet. Die Befestigung wurde komplett aus Edelstahl erneuert, der durch einen Schutzüberzug vor Kontakt mit dem Kupfer geschützt ist. Ein drei Meter hohes Gestell wurde gebaut, dass an den Pfetten und dem Kaiserbalken des Dachstuhls verankert wird und das nach der Montage unter den Schieferplatten verschwinden wird. Der Hahn wird sich wieder drehen können und der ganze Schmuck soll nun nach Angaben von Stefan Hoppen mindestens 100 Jahre halten, wenn nicht 200. Auch die in Zukunft zu erwartende stärkere Windlast wurde berücksichtigt.

Die Gesamt-Kosten in einem niedrigen sechsstelligen Euro-Bereich werden nur teilweise von der Sturmversicherung getragen.


Foto 1 Monika Schüll


Foto 2 Monika Schüll: Pfarrvikar Dr. Juraj Ledic segnet den Wetterhahn


Foto 3 Monika Schüll


Foto 4 Monika Schüll: Zeitkapsel mit Dokumenten und einem Satz Münzen




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