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letzte Änderung: 26.02.2019 18:58:18.

Zug der Möhnen

Zug der Möhnen

ein Beitrag von Monika Schüll vom 20 Februar 2009

Obwohl ich sonst immer bereit bin, auch in ungewöhnliche Situationen zu fotografieren, setzte der Möhne-Zug da doch Grenzen. Die Brille war ständig beschlagen und verschmiert, die Augenlöchern der Maske verrutschten immer wieder, mit dem Kostüm gab es ständig Huddel und Brassel und schließlich war man ja vollauf damit beschäftigt, zu pfeifen, zu johlen und andere Leute zu ärgern, wie Möhnen es nun mal tun. Da war mir schnell klar, dass ich die Kamera nach Hause bringen mußte, was ich nach dem Besuch bei Mattes Töller auch getan habe. Außerdem ging es ja darum, nicht erkannt zu werden. Vielleicht findet sich im nächsten Jahr jemand, der das übernimmt, denn ich finde, so ein Event verlangt und verdient es, dokumentiert zu werden!

Danke an Petra und Ute für die tolle Idee und allen unerschrockenen Möhne-Schwestern, die den Anfang gewagt haben!

 


Foto Monika Schüll http://www.an-sichts-sachen.de

 

Da tat sich was an diesem nasskalten, ungemütlichen Karnevals-Freitagabend in Niederembt. Kichernd huschten merkwürdig vermummte Gestalten durchs Dorf. Wenn man sich nach ihnen umdrehte, verschwanden sie schnell im nächsten Hauseingang. Noch wollten sie sich nicht sehen lassen.

An einem geheimen Treffpunkt kamen 15 maskierte Möhne zusammen, sie zupften noch hier und da am Outfit und gaben sich Tipps, wie man am Besten mit einer Maske im Gesicht atmet, spricht und vor allem: trinkt. Utensilien wie Leuchtstäbe, Besen und Krückstöcke wurden begutachtet und erprobt.

Schließlich gab es einen Orden als Erkennungszeichen und los ging es: johlend, keifend und kreischend und setzen sich der Zug der Niederembter Möhnen nach vielen Jahren zu ersten Mal wieder zu einem nächtlichen Möhne-Zug in Bewegung. Sie schwangen ihre Stöcke und Besen, erschreckten Kinder am Straßenrand, klingelten die ahnungslosen Anwohner heraus und machten Geräusche, die so noch nie jemand aus ihrem Munde gehört hatte. Trillerpfeifen, Rassen und Klappern machten ebenfalls einen lautstarken Spektakel.

Der unerschrockene Dorfsheriff fuhr in seinem Streifenwagen dem Zug voran, das Blaulicht tauchte die gespenstische Szenerie in ein unwirkliches Licht. Ein weiteres Fahrzeug folgte in respektvollem Abstand und sicherte nach hinten.

"Alle Kneipen" waren nach den Statuten der Niederembter Möhnen heimzusuchen. Nun, da ist man neuerdings in diesem Dorf schnell fertig. Quer über die Ampel-Kreuzung führte der Zug, das Rotlicht wurde tapfer ignoriert und einem eingeschüchtert dreinblickenden Autofahrer aus Bonn polierten die Möhnen die Scheinwerfer mit dem Hexenbesen. Der kommt so schnell nicht wieder bei Nacht nach Niederembt!

Mattes Töller jedoch sah es gelassen, als die johlende Bande seine Wirtschaft stürmte und gab zur Beruhigung erst mal ne Runde Schapsfläschchen aus. Die anwesenden Gäste ließen es sich wohl oder übel schmunzelnd gefallen, dass die Möhnen ihnen an Bart und Fliege zogen, sie anrüpelten und ihnen das Bier mit dem Leuchtstab umrührten.

Nach diesem kurzem Halt setzte sich der Zug wieder in Bewegung in Richtung Festzelt. Dort wurden die Möhnen bereits erwartet und zogen, triumphierend ihre Besen und Stöcke schwingend unter dem Applaus der Festzeltgäste ein. Wilfried Eßer von der KG Lachender Finkelbach begrüßte die Schar und gab seiner Freude Ausdruck, dass dieser früher so beliebte und geschätzte Brauch in diesem Jahr durch einige unerschrockene Frauen wiederbelebt wurde und so der jährlich am Karnevalsfreitag in Niederembt stattfindende Möhneball wieder mit Fug und Recht so heißt. Dann gehörte den Möhnen die Tanzfläche zum Möhnentanz.

Anschließend mischten sich die bis zur Unkenntlichkeit vermummten Gestalten unters Volk, suchten sich Tanzpartner (Ablehnung wurde ignoriert), ließen sich hier und da ein Bier spendieren und neckten und pisakten die Zeltgäste. Wer sich wohl hinter der ein- oder anderen Maske versteckt hält, war das Gesprächsthema ringsum. Auch wenn im Einzelfall das markante Schuhwerk eine Möhne verriet, so war doch die Spannung groß, als nach zwei Stunden mit einem Tusch die Demaskierung eingeleitet wurde und Wilfried Eßer den Befahl gab: "Möhnen - Masken runter!"

Die Möhnen gehorchten und ließen ihre Masken fallen, es die kamen total verschwitzten Gesichter zum Vorschein. Die demaskierten Möhnen waren etwas atemlos und froh, die Welt mal wieder genauer als durch zwei kleinen Augenlöcher betrachten zu können und Bier nicht mehr durch den Strohhalm trinken zu müssen. Aber alle zwölf waren sich einig: Das war ein Mordspaß und das machen wir im nächsten Jahr wieder!

Dann werden Petra Jäger und Ute Korfmacher von der KG Lachender Finkelbach, die die Initiative zur Wiederbelebung des Möhne-Zugs ergriffen hatten, wohl einige Möhnen mehr anzuführen haben. Denn die Resonanz aller Beteiligten und der Festzeltgäste war sehr positiv.




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